Rückblick auf 60 Jahre Wiedervereinigung Suderwick am 1. August 2023

Beide Bürgermeister finden sehr gute Worte

Enthüllung eines ehemaligen Grenzpfahls mit Infotafel, Gespräch mit Zeitzeugen und Nachbarschaftsfest Suderwick-Dinxperlo

Am 1. August 2023 war es genau 60 Jahre her, dass das in 1949 unter niederländische Auftragsverwaltung gestellte und rd. 14 Jahre zu Dinxperlo gehörende Suderwick-West wieder zurück zu Suderwick gekommen ist und das Dorf wieder vereint wurde. Dieses Ereignis wurde in diesem Jahr zum ersten Mal gefeiert. Weder in 1963 noch in den Jahren danach fanden Feierlichkeiten statt. Veranstalter war der Heimatverein Suderwick, der von den Dinxperloer Stichtingen Grenslandmuseum, Historisch Dinxperlo und Dinxpers Belang hierzu motiviert und bei den Planungen und der Durchführung der Aktivitäten an diesem Tag unterstützt wurde.

Neuer Grenzpfosten am Holtwicker Bach. Heute Beekweg. 1949

Frisch aufgestellter historischer Grenzpfahl in 1949

Frisch aufgestellter Grenzpfahl mit Holzhammer am 1.8.2023

Frisch aufgestellter Grenzpfahl mit Holzhammer am 1.8.2023

Heute trennt er nicht mehr. Er erinnert und ist nun ein Zeichen für die gute Nachbarschaft zwischen Suderwick und Dinxperlo.

Hier seine Geschichte:

Infotafel Grenzpfahl Tenbensel

Infotafel Grenzpfahl Tenbensel

Über den Tag berichteten das Bocholter-Borkener Volksblatt, de Band und De Gelderlander

Hier die Zeitungsberichte:

Bericht BBV 10 Suderwick und Dinxperlo feiern gemeinsam, 1. 8

Bericht BBV Suderwick und Dinxperlo feiern gemeinsam, 1.8.23

Bericht De Gelderlander 2.8.23

Bericht De Gelderlander 2.8.23

Der Tag wurde sehr schön von unseren Vereinsmitgliedern Melanie Steffens (www.marketing-service-steffens.com) als Dokumentation für die Nachwelt in mehrteiligen Videos und Joop van Reeken (www.grenz-blick.eu) in Fotos festgehalten.

Hier die Videos:

„Einmal Niederlande und zurück Teil 1: Enthüllung Grenzpfahl“

„Einmal Niederlande und zurück, Teil 2: Gesprächsrunde“

„Einmal Niederlande und zurück, Teil 3: Fortsetzung der Gesprächsrunde“

„Einmal Niederlande und zurück, Teil 4 Fortsetzung der Gesprächsrunde“

Hier die Fotos:

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Nachstehend beschreibt Johannes Hoven den unvergesslich schönen Tag:

Enthüllung eines ehemaligen Grenzpfahls mit Infotafel
Der Tag begann damit, einen besonderen „Zeitzeugen“ der deutsch-niederländischen Grenz-geschichte zu präsentieren, der eigentlich nicht sprechen kann, aber doch so viel erzählt. Es ist der Grenzpfahl, der vom 23. April 1949 bis zum 1. August 1963 am heutigen Weg Tenben-sel an der Brücke über den Holtwicker Bach die neu gezogene Grenze markierte, als Suder-wick-West unter niederländischer Auftragsverwaltung stand. Er steht jetzt wieder genau an der Stelle, wo er gestanden hat.

Dass er dort steht, verdanken wir Georg Klaassen, der den Grenzpfahl aufbewahrt und dem Heimatverein geschenkt hat. Er hat uns auch seine Geschichte erzählt. Sie ist nachzulesen auf einer Informationstafel neben dem Pfahl. Als der Grenzpfahl 1963 nicht mehr benötigt wurde, nahm ihn ein Nachbar vom heutigen Beekweg mit in die Schreinerei Klaassen in Dinxperlo. Dort wurden aus dem sehr harten Holz Hämmer gefertigt. Er fürchtete um sein Leben, weil er immer kleiner wurde. Einer der Holzhämmer wurde von Georg Klaassen auch aufbewahrt und hängt nun im Grenslandmuseum Dinxperlo. Siehe hierzu auch: https://www.heimatvereinsuderwick.de/hoelzernen-grenzpfahl-wiederentdeckt/

Georg Klaassen konnte leider den neu aufgestellten Grenzpfahl nicht mehr miterleben. Stell-vertretend waren seine Ehefrau Francis Klaassen und Tochter Patricia anwesend und nahmen den Dank dafür entgegen, dass er den Grenzpfahl gerettet, seine Geschichte erzählt und ihn dem Heimatverein geschenkt hat.

Der Heimatvereinsvorsitzende Johannes Hoven endete seine Begrüßungsansprache für die rd. 60 anwesenden Gäste mit den Worten: „Heute trennt der Grenzpfahl nicht mehr. Er erinnert nun an ein Stück vergangener Grenzgeschichte. Mögen andere trennende Grenzen in der Welt auch bald der Vergangenheit angehören!“

Die Bürgermeister Thomas Kerkhoff (Stadt Bocholt) und Anton Stapelkamp (Gemeente Aalten) fuhren gemeinsam im Dinxperloer Electrocar durch das damalige Suderwick-West zum Grenz-pfahl. Unterwegs sahen sie bereits Zeitzeugen besonderer Art. Das waren die Häuser, die da-mals nach niederländischem Baurecht gebaut werden mussten. Am Ende ihrer Fahrt wurden sie mit Klängen der Jagdhornbläser des Hegerings Isselburg begrüßt. Nachdem auch Freek Diersen passende Worte zu dem von ihm „verpackten“ ehemaligen Grenzpfahl gesprochen hatte, enthüllten die beiden Bürgermeister den Grenzpfahl und die Informationstafel hierzu, die dem Heimatverein von der Stadt Bocholt und Gemeente Aalten zu dem besonderen Anlass geschenkt wurde. Bürgermeister Kerkhoff dankte Familie Klaassen für den Grenzpfahl und den ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern für die Organisation der Veranstaltung. Der Pfahl sei „ein Zeichen für ´Dinxperwicks´ gelebte grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Aber auch Schmerz und Ungerechtigkeit sollten wir nicht vergessen.“ Aaltens Bürgermeister Anton Sta-pelkamp sagte: „Heute früh hat es geregnet; waren es Freudentränen oder Trauer?“ Er vermute, dass in der Erinnerung an die überwundene Zeit des 2. Weltkrieges beides zutreffe. Heutzutage überwiege die Freude über die guten grenzüberschreitenden Beziehungen beider Städte.

Gesprächsrunde mit Zeitzeugen

Unter der Leitung von Stefan Prinz, dem Redaktionsleiter des Bocholter-Borkener Volksblattes, fand eine rege Gesprächsrunde mit Zeitzeugen und auch einigen Interessierten statt. Wenn es für manche der anwesenden rd. 60 Zeitzeugen auch anfangs unsicher war, wie es ihnen nach dem 23.4.1949 als Deutsche im niederländischen Dinxperlo ergehen würde, ist es ihnen entgegen anfänglicher Befürchtungen nicht schlecht ergangen. Sie wurden wie Niederländer behandelt, was auch Vorteile hatte. So stellte ein Bürger fest, dass während der 14-jährigen niederländischen Auftragsverwaltung Rentenansprüche in den Niederlanden erworben hätte. Manche Ehe entstand in dieser Zeit. An die manchmal lästigen „Zollformalitäten“, wenn sie zur Kirche, Schule, zumSport oder für Familienbesuche in den deutsch verbliebenen Ostteil von Suderwick über die Grenze wollten, gewöhnte man sich schnell. Einen Vorteil hatte die Abtrennung auf jeden Fall. Der von den Alliierten in 1945 nach Kriegsende als Ersatz für den während der Kriegshandlungen wieder neu errichtete Grenzzaun wurde im April 1949 endlich entfernt. Er war zwar nicht so brutal, wie der 1939 von der deutschen Wehrmacht errichtete, trennte aber doch die Nachbarn von beiden Seiten der Grenzstraßen und machte das Einkaufen im niederländischen Dinxperlo schwieriger. So manche Hose, so erzählte ein Zeitzeuge, sei beim Durchkriechen mit Schmuggelware zerrissen worden. Erzählt wurde auch, dass in der Metzgerei Baumann das Fleisch abgekocht werden musste, wollte es man über die Grenze bringen. Das sei notwendig gewesen, weil es in den Niederlanden nicht auf Trichinenbefall untersucht wurde, dies in Deutschland aber vorgeschrieben war.

Interessieren Sie sich für weitere „Grenzgeschichten“ und das tägliche Leben aus dieser Zeit, dann lesen Sie gerne die Berichte von Zeitzeugen im Bocholter-Borkener Volksblatt https://www.heimatvereinsuderwick.de/ueber-die-aktivitaeten-und-erzaehlungen-von-zeitzeugen-anlaesslich-60-jahre-wiedervereinigung-von-suderwick-west-und-ost/) oder De Band (s. https://www.heimatvereinsuderwick.de/de-band-ueber-die-aktivitaeten-und-erzaehlungen-von-zeitzeugen-anlaesslich-60-jahre-wiederverei-nigung-von-suderwick-west-und-ost/

Oder lesen Sie einen Beitrag von Josef Brüninghoff über diese Zeit unter https://www.heimatvereinsuderwick.de/suderwick-west-unter-niederlaendischer-verwaltung/

Naoberfe(e)st Suderwick-Dinxperlo

Im Anschluss an die Gesprächsrunde war „Borrelzeit“ angesagt. So nannte man auch in der Zeit der Abtrennung, die gemütlichen Stunden, in denen man genüsslich ein Schnäpsken (einen Borrel) trank und sich unterhalten hat. Man erzählte sich viele Dönkes von der Grenze in Deutsch oder Niederländisch oder gerne auch in Dinxperwicker Platt. Vom Schmuggler Bennie Bruggink wurden „Jenevertjes“ verteilt und vom Verein Historisch Dinxperlo gab es von Theo Messink selbst gebackenes Brot mit guter Butter bestrichen. Dieses sollte an die legendäre „Butternacht“ vom 31.7. auf den 1.8. 1963 erinnern. Man erzählte sich, dass angeblich 400 mit mehreren Tonnen Butter, Kaffee und andere Waren beladene Lastwagen in Suderwick-West parkten und die Waren über Nacht sich zollfrei in Deutschland befand. So erging es auch den vielen Produkten, die clevere „Dinxperloer Suderwicker“ in ihren Häusern gelagert hatten. Das war eine besonders pfiffige Art zu schmuggeln und machte kein manchmal spannendes Katz- und Mausspiel mit den Zöllnern erforderlich. Apropos schmuggeln: Zum Kaffee gab es auch Schmugglerplätzchen und Schmugglersäckchen von Bärbel Schüürmann und Sabine Brennemann.

Nachdem die Jagdhornbläsergruppe des Hegerings Isselburg wie auch schon am Grenzpfahl ihre Instrumente klingen ließen, fand bei den Musikklängen der Trecksackmusik der „Spölluu“, der Blasmusik der Isellandermuzikanten aus Megchelen und den zum Mitsingen motivierenden Gesängen des Dinxpers Smaartlappemkoor ein schönes grenzüberschreitendes Nachbarfest statt.

In der Michaelskirche konnte eine Fotoausstellung von Ben Manadag über die Zeit der Abtrennung besucht werden. Ergänzt wurde sie durch ein von Lex Schellevis gekürztes Video über den Grenzort Kranenburg. Vieles, was zu sehen und zu hören war, erinnerte auch an alte Zeiten in Suderwick. Für ein Kinderprogramm sorgten einige Mitarbeiterinnen von JuKids Suderwick.

Der Heimatverein bedankt sich bei allen, die diesen schönen Tag möglich gemacht haben, insbesondere bei den Dinxperloer Stichtingen Grenslandmuseum Dinxperlo, Historisch Dinxperlo und Dinxpers Belang und dem „Bocholter-Borkener Volksblatt“ und der niederl. Wochenzeitung „De Band“ für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung. Aber auch vielen Helferinnen und Helfer des Heimatvereins gebührt unser Dank, dass der 1.8.2023 den Gästen nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Für die Videos und Fotos bedanken wir uns herzlich bei Melanie Steffens und Joop van Reeken.

Der Heimatverein bedankt sich auch beim Land NRW, dass die Aktivitäten aus Anlass „60 Jahre Wiedervereinigung Suderwick“ aus dem Programm gefördert wurden.