Mythos Hexenwaage im niederländischen Oudewater – auch Maria Konings aus Suderwick wurde dort 1644 gewogen

Vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit gab es das Phänomen der Hexenverfolgungen, bei denen auch in Westfalen unzählige Frauen, aber auch Männern und Kinder gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Das war barbarisch, grausam und für uns heute unvorstellbar.

In der Umgebung von Bocholt sind unseres Wissens 2 Fälle bekannt, in denen Frauen der Hexerei bezichtigt wurden. Hierzu gehörte auch Maria Konings, die in Suderwick auf einem Besitz des Prinzen von Oranien-Nassau als Magd arbeitete. Sie wurde im Jahr 1644 mit einem Begleitschreiben des damaligen Bürgermeisters von Bocholt zur Hexenwaage im niederländischen Oudewater geschickt und dort gewogen. Manche Menschen haben sich wiegen lassen, weil sie Angst hatten, wegen des Verdachts auf Zauberei gefoltert und verbrannt zu werden. Mit den von den Stadtvätern beschafften Wiegezertifikaten konnten sie diese Gefahr abwenden.

Die Hexenwaage (niederländisch: Heksenwaag) in Oudewater (NL).

In den 1980-iger Jahren war ich u.a. mit Harro Kemink, dem damaligen Vorsitzenden des Heimatvereins Suderwick, im Hexenwaagenmuseum in Oudewater. Als wir dem Museumsleiter erzählten, wir kämen aus Suderwick, sagte er sofort: „Sie kommen wegen Maria Konings, die 1644 hier gewogen wurde“. Er schlug das alte vergilbte Wiegebuch auf und zeigte uns eine Eintragung, aus der zu entnehmen war, dass Maria Konings dort gewogen wurde. Die Wiegung hat ergeben, dass ihr Gewicht mit dem Bau ihres Körpers übereinstimmte (Anmerkung: Das war damals wohl ein Indiz dafür, dass die verdächtigte Person keine Hexe oder Hexer war). Sie sei übrigens nicht nach Suderwick zurückgekehrt, da sie den Sohn des Wiegemeisters geheiratet hätte.

Zufällig bin ich auf eine Ausarbeitung von Hans de Waardt gestoßen mit dem Titel „Oudewater. Eine Hexenwaage wird gewogen oder: Die Zerstörung einer historischen Mythe“, Quelle: Westfälische Zeitschrift 144, 1994 / Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ URL: http://www.westfaelische-zeitschrift.lwl.org. Der Autor hat ist damit einverstanden, dass wir das Ergebnis seiner Nachforschungen auf unserer Webseite wiedergeben. Hierfür danken wir ihm recht herzlich.

Die Ausarbeitung steht hier zum Download zur verfügung.

Übrigens: Wer Beiträge zur Ortsgeschichte von Suderwick liefern kann, den bitten wir recht herzlich, uns Ausarbeitungen oder Quellen zur Verfügung zu stellen, die wir auf unserer Webseite veröffentlichen können. Die Historie von Suderwick ist sehr spannend. Leider gibt es zu wenig Menschen, die sich hiermit beschäftigen und Geschichten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen oder sich auch in einem Kreis von Gleichgesinnten hiermit beschäftigen. Der Heimatverein würde es begrüßen, wenn sich eine Projektgruppe „Suderwicker Ortsgeschichte“ bilden würde. Es gab zwar mal eine Gruppe, es ist uns aber leider nicht gelungen, diese fortbestehen zu lassen.

Johannes Hoven, im Oktober 2019

Arbeitsgemeinschaft Achterhoek-Westmünsterland veranstaltet am Samstag, 26. Oktober 2019 in Dinxperlo den „Tag des Platt“

Als die Arbeitsgemeinschaft Achterhoek-Westmünsterland beim Heimatverein Suderwick anfragte, ob es in Suderwick eine Räumlichkeit gäbe, wo der „Tag des Platt 2019“ stattfinden könnte, wurde schon bald klar, dass es hier keine Räumlichkeit gibt, die dafür geeignet ist, wohl aber im Kulturhuus in Dinxperlo. Schwupp waren Freek Diersen und Johannes Hoven im Vorbereitungsteam. Sie wurden hauptsächlich verantwortlich für das Nachmittagsprogramm, standen aber auch sonst mit Rat und Tat zur Seite. Es war keine Frage, dass als Nachmittagsprogramm ein Gang an die Grenze und zum Grenslandmuseum ein „muss“ wurde.

Der diesjährige Tag des Platt  beschäftigt sich mit dem Thema „Dialekt als Medizin in der Betreuung“: Die Bedeutung von Muttersprache nimmt insbesondere bei demenzkranken Menschen, aber auch bei älteren, kranken und pflegebedürftigen Personen zu. Die Ansprache in der Muttersprache – hier ist es oft die Regionalsprache Niederdeutsch – vermittelt Wertschätzung. Und sie kann ein Schlüssel sein, um Erinnerungen zu aktivieren, die sich als Anknüpfungspunkte für die Biografiearbeit anbieten. Aus verschiedenen Blickwinkeln wird das Thema nun beim diesjährigen Tag des Platt beleuchtet. Beginn ist um 9.30 Uhr. Eingeladen sind alle Freunde des Plattdeutschen aus dem deutsch-niederländischen Grenzraum.

Nach einem kurzen Empfang mit Kaffee eröffnet Diana Abbink von der Stichting Achterhoek-Westmünsterland das Programm. Dann greifen verschiedene Referentinnen das Thema „Dialekt als Medizin in der Betreuung“ auf: So kommt Jolien Makkinga vom Meertens Instituut und der Universiteit Maastricht, ebenso Susanne Biallas (Leitung Ambulante Pflege und Soziale Dienste beim DRK Borken) und Heinz Eming (Autor und Sprecher plattdeutscher Mundart) aus Borken sowie Thea Meinen, Koordinatorin für die Betreuungsangebote im Wohnsorgezentrum Careaz Dr. Jenny in Dinxperlo. Anschließend ist Gelegenheit, über das Thema zu diskutieren. Die musikalische Begleitung übernimmt das „Gelegenheitsduo Ali“ (Hans Beernink und Frans van Gorkum). 

Um 12.30 Uhr steht ein gemeinsames Mittagessen auf dem Programm. Ab 13.30 Uhr wird für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Rundgang zur Grenze mit kurzen Besichtigungen des Wohnsorgezentrums Careaz Dr. Jenny in Dinxperlo (NL) und des Pflege- und Wohnhauses „Bültenhaus“ in Suderwick (D) angeboten. Die beiden Einrichtungen für Senioren, Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke kooperieren. Besichtigt wird auch das deutsch-niederländische Begegnungszentrum „Die Taverne“, das sich in einer Brücke über der Grenze befindet und die beiden Einrichtungen verbindet. Auch das Grenslandmuseum Dinxperlo kann besucht werden.

Der „Tag des Platt“ wird von der Arbeitsgemeinschaft Achterhoek-Westmünsterland gemeinsam mit dem Kulturkreis Schloss Raesfeld, dem „Dialectring Achterhoek en Liemers“, dem kult Westmünsterland, der Kreisheimatpflege Borken, dem Heimatverein Suderwick und der Stichting Bewaar’t Olde Dinxperlo veranstaltet.

Anmeldungen sind bis Samstag, 19. Oktober, bei der Kreisheimatpflege im kult in Veden unter Tel. 02564/9899110 oder per Mail an heimatpflege@kreis-borken.de möglich.

Die Teilnahme an der Tagung mit Getränken und Mittagessen kostet 12,50 Euro.

Parkmöglichkeiten gibt es rund um das Kulturhaus.

Hier gibt es den Flyer zum Download.

„De grens bloeit – Die Grenze blüht“ 75 jaar Vrijheid – 75 Jahre Freiheit

Einladung an Kinder zum Blumenzwiebeln pflanzen

In 2020 wollen niederländische und deutsche Gemeinden und Vereine entlang der deutsch-niederländischen Grenze gemeinsam feiern, dass wir dann schon seit Ende des 2. Weltkrieges 75 Jahre in Frieden leben und uns als gute Nachbarn verstehen. Der Heimatverein Suderwick, die Bürgerinitiative Dinxperwick, die Stichting „Bewaar´t Olde Dinxperlo“ und „Dinxpers Belang“ wollen zu diesem Anlass die Grenze zwischen den Grenzsteinen an der Keupenstraat in Dinxperlo zum Blühen bringen. An dieser Straße werden vom Aaltenseweg bis zum Hahnenpatt schon in diesem Jahr Blumenzwiebeln gepflanzt. Im Frühjahr 2020 kommt hier ein Blühstreifen mit Sommerblumen hinzu.

Auf der Grenze soll es im nächsten Jahr blühen – Foto Bernd Brennemann

Man plant, dass in diesem Jahr die letzten 100 Meter vor der Einmündung in den Aaltenseweg von Suderwicker und Dinxperloer Kindern Blumenzwiebeln gepflanzt werden, die dann im Frühjahr des Jubiläumsjahres 2020 blühen sollen. Hierfür laden die vier Vereine, der Michaelstreff Suderwick und Figulus Welzijn Dinxperlo Kinder ab 6 Jahre ein, die Blumenzwiebeln in den vorbereiteten Boden zu setzen.

Die Pflanzaktion findet am Samstag, den 9. November 2019 statt. Die teilnehmenden Kinder treffen sich um 10.00 Uhr an der Evangelischen Kirche in Suderwick, Sporker Straße. Sie laufen zu Fuß entlang der Grenze, zu der ihnen einiges gezeigt und erklärt wird.

Die Kinder werden gebeten, kleine Sandkastenschaufeln oder kleine Spaten mitzubringen. Der Boden wird vorher aufgelockert, so dass die Arbeit nicht zu schwer wird. Gerne können Eltern oder Großeltern mitmachen. So gegen 12 Uhr werden die Kinder wieder zurück sein an der Evangelischen Kirche in Suderwick. Die Suderwicker Kinder werden u.a. betreut von Mitarbeiterinnen vom Michaelstreff.

Da wir auch die Presse zu der Aktion einladen und vielleicht ein Foto gemacht wird, bitten wir die Eltern, uns mitzuteilen, wenn ihr Kind nicht fotografiert werden soll.

Wir würden uns freuen, wenn deutsche und niederländische Kinder gemeinsam eine schöne Zeit haben und eine symbolträchtige Idee umsetzen. Fragen hierzu beantwortet gerne Johannes Hoven, Tel. 02874 2272.

Erneut zwei Geschichten aus Suderwick im Internetportal euregio-history.net

„Leben in einer Suderwicker Bäckerei nach dem 2. Weltkrieg“ und „EIN PANZER SAMMELT SPENDEN – Kreativer Umgang mit einer Kriegsruine in Suderwick“

von Jutta Brand, geb. Bülten

Das grenzübergreifende Internetportal euregio-history.net sammelt private Geschichten, Fotos und Dokumente aus dem deutsch-niederländischen Grenzraum. Es bietet Heimat- und Geschichtsvereinen und allen Bewohnern und Bewohnerinnen des Grenzraums einen Ort an, wo ihr historisches Wissen gesammelt und bewahrt wird. Der Heimatverein Suderwick hat schon verschiedene Geschichten aus Suderwick vermittelt. In diesem Jahr hat Jutta Brand, geb. Bülten, die in Suderwick (Bäckerei Bülten am Heelweg, jetzt Bültenhaus) aufgewachsen ist, zwei Geschichten zum Portal beigetragen, die schildern, was sie nach dem 2. Weltkrieg an der Grenze erlebt hat.

DIE NÄCHTE WAREN OFT KURZ

Leben in einer Suderwicker Bäckerei nach dem 2. Weltkrieg

Auch in Suderwick und Dinxperlo hinterließ der Krieg eine Schneise der Verwüstung. Das Haus meiner Eltern und das der Großeltern wurde 1945 zerstört; das Backhaus überlebte mit einem großen Loch in der Wand. Die Bäckerei und Konditorei am Hellweg in Suderwick stand unmittelbar an der Grenze; die bis 1949 noch mit Stacheldrahtrollen gesichert war. Mein Vater musste sofort wieder Brot für beide Teile backen. Um allen gerecht zu werden und Streit zu vermeiden, öffnete er zwei Fensterflügel am Backhaus, vor denen sich Deutsche und Niederländer in getrennten Reihen anstellen mussten.

Innenraum der Bäckerei am Abend nach der Eröffnung am 4. August 1955

Im Frühjahr, kurze Zeit nach Kriegsende 1945 wurde der halbe Ort zum Niemandsland; die Bewohner mussten ihre Häuser verlassen. Die Bäckerei wurde von den stationierten Engländern genutzt. Vater mietete einen Betrieb in Bocholt und belieferte von dort seine Kunden (auch Geschäfte), so gut es ging. Die Familie war im Nachbarort untergebracht. Gegen Jahresende 1945 konnten die Bewohner zurück in ihre Häuser. Ab dann „durfte“ Vater dann nachts in seiner Bäckerei am Hellweg backen, tagsüber war er in Bocholt.

Dann kam 1949 die Abtrennung an die Niederlande als sogenannte Grenzbegradigung und Wiedergutmachung; auch der gesamte Hellweg mit unserer Bäckerei und unserem Land gehörten dazu. Das bedeutete für alle Bewohner eine akute Existenzbedrohung. Meine Eltern hätten sich für einen Standort auf deutscher Seite entscheiden können, sie blieben aber am alten Wohn- und Arbeitsort, den sie wiederaufbauten. Der Gärtner nebenan blieb ebenfalls und baute wieder auf, auch ein Lebensmittelgeschäft, ein Metzger und ein Fahrradhändler entschieden sich zu bleiben. Ein anderer Metzger verlegte seine Produktion in den deutschen Teil von Suderwick, ebenso ein Teppichfabrikant, ein Gastwirt und die Poststelle. Am Hellweg wohnten mehrere Zollbeamtenfamilien. Sie wurden alle umgesiedelt.

Schaufenster der Bäckerei am Abend nach der Eröffnung am 4. August 1955

Für die auswärts, in Deutschland arbeitenden Bewohner gab es Pässe und Körperkontrollen, ebenso für Kirchgänger und für den Besuch des Gymnasiums in Bocholt, jeweils zeitlich nur für diese Zwecke. Nach 1949 war es unserer Bäckerei nicht mehr möglich die deutschen Geschäfte mit Brot zu beliefern, der Rohbau auf dem 1945 zerstörten Gelände (neben der Notwohnung), konnte nicht fertiggestellt werden. Auch das restliche Personal musste entlassen werden. Es waren schwere Jahre.

Ich musste 1950 das Georgsgymnasium in Bocholt verlassen und habe bis zu meiner Heirat im November 1962 das Geschäft geführt. Unsere Mutter war kriegsbedingt – sie hatte sich in der letzten Nacht auf der Flucht aus dem brennenden Haus Verletzungen zugezogen – oft nicht einsatzfähig. Mein jüngerer Bruder machte in Bocholt seine Lehre als Bäcker und Konditor und durfte Zuhause seine praktische Prüfung ablegen, um dann bis 1957 mit Vater in der Bäckerei zu arbeiten. Dann half ihm meine jüngere Schwester. 1955 wurde der Rohbau fertiggestellt, wir verließen die Notwohnung und eröffneten das neue Geschäft.

Bei der Geschäftseröffnung am 4. August 1955 schmückten viele Blumen den Raum. In den Jahren hatte sich der Grenzverkehr gelockert und Deutsche durften einkaufen, wenn auch begrenzt und kontrolliert, Kaffee und Benzin waren Spitzenreiter.

Wie sah nun der Alltag in so einem Bäckerladen aus? Es war ja zugleich auch Konditorei und Lebensmittelvertrieb. Der Bäckermeister, also mein Vater, stand frühmorgens in seiner Backstube. Um 7 Uhr musste das Geschäft geöffnet werden, wehe, wenn das nicht pünktlich geschah. Es gab Kunden, die schon mal früher in die Backstube kamen, aber das störte dort den Arbeitsablauf. Zunächst wurden in der Frühe Brötchen gebacken, zum Wochenende drei Sorten: normale, Milch- und Rosinenbrötchen. Dann Brote, Kuchen, Plätzchen, Gebäckstücke verschiedener Art und auf Bestellung auch Torten. Am Samstag kam als letztes Schwarzbrot in den Ofen. Es wurde erst am Sonntagmorgen herausgenommen.

Im Laden musste alles sauber sein und übersichtlich eingeräumt werden. Der Großhändler aus Terborg brachte Waren, wie Ranja, Marmeladen, Honig, Konserven, Zucker (musste wie manches andere abgewogen werden), Käse, Tee, Kaffee, Neskaffee, Kakao, usw. vom Hof aus in den Vorratskeller. Dort wurde alles ausgepackt, in Regale gestellt und mit einem Korb nach oben getragen. Schokolade, Pralinen und andere Süßigkeiten kamen von anderen Lieferanten.

Wenn Plätzchen nach vorn kamen, duftete der ganze Raum. Sie hatten ihren Platz in diversen Schubkästen, Gebäckstücke in einem Glasschrank.

Es kam vor, dass man schnell ins Backhaus oder in den Keller musste, um etwas zu holen und dass der Kunde/ die Kundin dann allein im Laden war, aber der Gedanke der „Selbstbedienung“ kam eigentlich nie auf. Es war einfach Vertrauen da. Kaffee war ein großes Thema, vor allem für die „Grenzgänger“. In Deutschland eine Rarität, in Holland wohl auch noch nicht alltäglich, aber es gab ihn. (Nach dem Krieg wurden einzelne Bohnen gehandelt). Und da begann die Schmuggelei, denn es waren nur 50g (oder 30g?) erlaubt. Der niederländische Handel stellte sich auf diese Vorgabe ein und bot kleine, flache Päckchen an, sowohl von Kaffee als auch von Neskaffee. Die wiederum wurden von den Grenzgängern geschickt unter der Kleidung versteckt. Man musste mal eben zur Toilette, wie es hieß.

Das Geschäft war von morgens 7 Uhr bis abends 6 Uhr durchgehend geöffnet, freitags bis 9 Uhr, Mittwoch nachmittags geschlossen. Nach Ladenschluss war die Zeit des Auf- und Einräumens, dann Putzen, denn am nächsten Morgen begann ein neuer Arbeitstag.

Die Weihnachtszeit war stets eine besondere Herausforderung im Backhaus und im Geschäft. Große Spekulatiuskerle, Stollen, Berliner, Kerstkrans, Sauzijtjes, und und. Alles musste gebacken und verpackt werden. Die Herstellung von Marzipanfiguren übernahm in der Regel meine Mutter. Das Schaufenster bekam eine besondere Dekoration und jedes Jahr stellten wir auch eine Spieluhr hin. Darauf freuten sich die Kinder besonders. In der Zeit waren Nächte oft sehr kurz. Lang, lang ist`s her.

Der Neubau konnte 1955 bezogen werden

Nach Rückführung der Gebiete an Deutschland 1963 hatte Vater keine Kraft mehr für einen neuen Start. Ich war als Nachfolgerin ausgefallen, mein Bruder konnte aus gesundheitlichen Gründen (Bäckerallergie) nicht übernehmen. Noch ein Jahr hielt Vater durch, dann gab er auf. Auf dem Gelände der Familie Bülten befindet sich heute das „Bültenhaus“ (Senioren- und Pflegehaus).

Quelle: https://euregio-history.net/de/node/141

EIN PANZER SAMMELT SPENDEN

Kreativer Umgang mit einer Kriegsruine in Suderwick

An der Grenze in Suderwick, in Höhe des alten Zollhauses, lag noch während Monaten nach Kriegsende ein alter, verrosteter deutscher Panzer. Dieser Panzer war in der Befreiungsnacht getroffen worden – wie auch viele Häuser am Hellweg und in Dinxperlo. Zwei Soldaten verstarben im Panzer. Nach Kriegsende blieb er auf der Straße stehen. Er lag verlassen da; kaum jemand nahm Notiz von dem, in vielen Kriegsjahren so gefürchteten Monstrum. Anfangs lag dieses abscheuliche Monster auf niederländischem Boden. Die Grenzbewohner erinnern sich noch sehr lebendig an abschreckende Bilder, die sich hier ereigneten. Später wurde der Panzer auf deutsches Gebiet geschleppt und lag dann zwischen den Ruinen der Bültenhäuser, die zum Niemandsland gehörten. Man dachte wohl, damit seien die schrecklichen Ereignisse vergessen. Darin hatte man sich geirrt.

Ein zerstörter deutscher Panzer auf dem Grundstück der abgebrannten und zerstötzen Bülten-Häusern, 1945

Es waren die Grenzbewohner in unmittelbarer Nähe, die den Panzer am Nationalen Festtag der Niederländer gebrauchten; nicht mit dem Ziel seiner früheren Bestimmung, die Menschheit zu zerstören, nein, der „Deutsche Panzer“ sollte auftreten als Vermittler für niederländische, kranke und bedürftige Menschen. Die (niederländischen) Grenzbewohner hatten folgendes Gedicht auf Niederländisch am Panzer befestigt:

 Hier steh`ich nun, ich Deutscher Tank

ich zitt`re noch, wenn ich dran denk´.

Am Tag in der Karfreitagswoche

kriegt ich `nen Schlag und war verstört.

Vorbei war`s da mit meinem Ich.

Ich wahrte Anstand, dacht‘ aber ‚shit‘.

Jetzt steh` ich hier im Niemandsland

in einer Ruine, wo blieb mein Stand?

Wir sollten gewinnen, wurd‘ uns gesagt,

aber Adolf prophezeite schlecht

und niemand hier, der darum trauert.

Wohl sagt man ‚was ist hier passiert?‘

Von mir kann‘s keine Antwort geben.

Der ‚Tommy‘ trug mir auf zu schweigen.

Ach, wär‘ ich nur kein ‚mof‘ gewesen,

dann feiert‘ ich jetzt mit Holland ein Fest.

Dieser deutsche Panzer blieb bei Kriegsende 1945 auf der Straße in Suderwick stehen

Unter dem Gedicht war eine kleine Blechdose befestigt. Der mögliche Inhalt sollte dem Roten Kreuz zugutekommen. Die gute Idee war von Erfolg gekrönt, denn an dem Abend fand sich darin ein Betrag von 113.93 Gulden, der dem „Roten Kreuz“ übergeben wurde.

So geschah das genaue Gegenteil dessen, wozu der Panzer gebaut war.

Quelle: https://euregio-history.net/de/node/175